Verrenberg HistorischVolkstümliche Überlieferungen aus Verrenberg

Interview mit Hermann Ungerer - 1994

Dieses Interview erschien 1994 in dem Buch "So war's im Winter. Erinnerungen an die kalte Jahreszeit auf dem Land im schwäbisch-fränkischen Raum".



WINTER AUF DEM LAND/Interview

 

Hermann U. wurde 1924 in Verrenberg geboren. Er hatte noch einen Bruder und eine

Schwester; seine Eltern waren Landwirte und Weingartner.

 

BÄNDER AUFSCHNEIDEN

 

Der Winter fing für den Winzer nach der Weinlese an. Dann wurden die Bänder

aufgeschnitten an den Pfählen; die unteren Bänder am gebogenen Teil, das waren Weiden,

und oben 'raus, das Grüne, hat man im Sommer mit Stroh angebunden -oder Binsen, aber wir

haben Stroh gehabt. Nach der Weinlese im Oktober ist man da durch und hat mit einem

Messer das Stroh abgeschnitten und die Weiden, wo unten dran waren. Heute wird ja fast nur

noch Draht verwendet zum Anbinden, aber der Draht ist nicht elastisch, der wächst auch gern

'rein, und zum anderen gehen die Scheren kaputt, weil das ist ein Stahldraht. Der ist zwar mit

Papier umwickelt, aber ich nehme heute noch Weide. Das Stroh und die Weiden blieben

liegen, das verrottet.

 

PFÄHLE RAUSZIEHEN

 

Früher gab's ja eine ganz andere Reberziehung. Heute, nachdem maschinell gearbeitet wird,

sind die Reihen von Berg zu Tal -da ist das ja das alles, anders, mit der

Drahtrahmenerziehung. Früher sind die Reihen quer gelaufen, und da gab's eben die

Pfählerziehung. Da hat jeder Stück drei Pfähle gehabt, so vier Zentimeter stark, und die sind

da 'rein gesteckt worden, im Frühjahr, und im Herbst sind die wieder 'raus gezogen worden.

Die Reben hat man mit den Pfählen abgedeckt, damit sie, wenn's kalt wird, nicht erfroren sind

-die Pfähle 'raus gezogen, und draufgelegt. Manche haben auch die Pfähle gleich

zusammengetragen, zu Haufen, und haben die Reben dann mit Erde abgedeckt: Da hat man

mit dem Fuß den Rebschenkel so 'runter und ist mit dem Fuß draufgestanden, und hat dann

eine Hacke Erde drauf, daß das drunten blieb. Eine reine Männerarbeit. Es ist auch nicht

immer ideal gewesen, wenn die Rebe ganz aufgelegen ist, vor allem, wenn es sehr kalt war

ohne Schnee.

 

1956 gab's ja schon viel nach der neuesten Methode Drahtrahmenerziehung, und damals

haben wir ja 23, 24 Grad Kälte gehabt, da gab es ja fast keinen Herbst. Im Februar war es

damals sehr warm, und da ist die Vegetation schon ein bißchen angetrieben gewesen, und

später im gleichen Monat sind die Reben dann erfroren. Da gab's fast keinen Wein, damals.

Und da haben die Bauern in den folgenden Jahren wieder eine neue Methode erfunden: Und

zwar haben sie aus so langem Draht einen Haken obenhin gemacht, und haben dann die

Reben auch aus diesen Drahtrahmen 'raus und haben sie 'runter gebunden, mit den Haken auf

den Boden gesteckt. Aber das ist schnell wieder verschwunden. Wenn's unter 16 Grad

'runtergeht, ist der RebStück jedenfalls gefährdet.

 

WElDEN VORBEREITEN

 

Wenn die Reben auf dem Boden gelegen sind, dann hat man noch die Weiden schneiden und

holen müssen. Und wenn's recht kalt war, dann ist man in die Scheune 'rein gesessen und hat

die Weiden aussortiert und geputzt und ausgelesen.

 


 

DRESCHEN

 

Für das Bindstroh hat man extra im Winter in der Scheune aus Roggen mit dem Flegel noch

gedroschen, daß das Stroh schön glatt blieb, und hat dann so Büschel gemacht -so lang. Die

haben im Sommer die Frauen naß gemacht, damit sie gelenkig geworden sind, und haben sie

dann im Schurz gehabt, und haben dann jedesmal zwei oder drei Hälmle Stroh genommen

und die Reben oben mit Stroh angebunden.

 

RIGOLEN

 

Wenn es frostfrei war, hat man rigolt. Da wurde der Boden einen Meter tief umgegraben, für

Neuanlagen. Da haben natürlich die Nachbarn geholfen -heute kommt da eine Maschine und

macht in einem Tag einen Hektar oder so. Wenn der alte RebStück 'raus gehauen worden ist,

dann ist der Weinberg für ein paar Jahre stillgelegt worden. Man hat gesagt: "Der Boden muß

ausruhen". Heute ist das alles überholt. Man hat dann Blauklee eingesät, den haben die

Bauern geholt. Aber die Wurzeln sind nachher noch unten 'rein gekommen, weil Blauklee ist

ein Stickstoffsammler, und da sind die Wurzeln dann nach unten gekommen, weil der

RebStück geht ja in den Boden 'runter. Der wurzelt sehr tief -ich hab' mal was gelesen, da

haben sie in siebzehn Meter Tiefe noch Wurzeln gefunden.

 

DÜNGEN

 

Im Winter hat man auch schon Mist hingefahren -ich hab ein Pferd, und ich tu meinen

Weinberg mit Pferdemist düngen. Ich brauch' nicht viel anderen Dünger -oder kaum. Aber

dann halt auch Grunddüngung: Thomasmehl und Kali oder so, und dann noch Stickstoff

Früher hat ja jeder Winzer auch Kühe gehabt, und dann nahm er seinen Mist. Schafmist hatte

man früher auch, bei den Schäfern -der ist sogar sehr gut, Schafmist, der war sehr beliebt.

Der ist gekauft worden von den Schäfern, und dann hat man ihn mit einer "Käätse" -das sind

halt so geflochtene Korbe auf dem Rücken in den Weinberg getragen. Der ist hoch geflochten

gewesen noch einen halben Meter, und da hat man so einen Fuß gehabt, einen Dreifuß, mit

einem Brett, und da wurde der Korb draufgestellt und ist vollgeladen worden mit Mist. Und

da ist man dann 'rein geschlüpft.

 

GRÄBEN AUSHEBEN

 

Unten am Weinberg hat man früher immer einen Graben gemacht, daß wenn ein Wetter

kommt, daß die Erde dageblieben ist. Früher war die Erde noch begehrt! Dann hat man auch

zum Teil die Erde mit Butten weggetragen; für die Trauben gab's große Holzbutten, gut einen

Meter zwanzig, und für Erde gab's solche kleinen. Dann hat man die Erde ein Stück hoch

getragen und dort ausgeleert.

 

Ich erinnere mich noch, da wurde jedes Jahr in der Gemeinde auf der Gemarkung, wenn da

die Gräben ausgemacht wurden -die Erde wurde jedesmal versteigert. "Zwanzig Pfennig

geboten", das sind vielleicht zwanzig Meter gewesen oder so, und dann hat der Nächste

gesagt "dreißig Pfennig". Die haben die Bauern gern gehabt zum Kompostieren.

 


 

PFÄHLE MACHEN

 

Wenn alle Arbeit im Weinberg gemacht war, hat man wieder im Wald Stangen geholt -solche

Fichtenstangen -, und die wurden dann geschält und an der Kreissage zu Pfählen gesagt. Man

hat sie gevierteilt oder gefünfteilt und die Pfähle 'rausgesagt, zwei Meter lang, und hat sie

dann gespitzt und zusammengebunden, immer zehn Stück oder fünfzehn, und hat sie

vorbereitet auf`s Frühjahr wieder. Das waren dann die Pfähle, an denen die Pflanzen hoch

gewachsen sind. Pro Stück waren da immer drei solche Pfähle dran. Nach drei, vier Jahren

sind die abgefault unten, morsch, da mußte man jedes Jahr wieder neue eingraben

dazwischen.

 

REBEN SCHNEIDEN UNO LESEN

 

Mitte Februar kam das Schneiden. Es ist ein Risiko, wenn man früh schneidet und es wird

noch einmal sehr kalt, dann können die Reben am Abschnitt erfrieren. Ich erinnere mich, mir

haben sie mal geschrieben im Krieg: "Dieses Jahr wurden wir im Februar mit

Weinbergschneiden fertig". Sonst ist oft den halben oder auch den ganzen März noch

geschnitten worden. Wie die großen Weinguter, wo zwanzig Hektar haben, die schneiden bis

im April.

 

Und dann sind die Reben von Hand gelesen worden. Wenn man so ein Bündel hatte, dann

wurde es hingelegt, weil die hat man ja gebraucht zum Backen, zum Brotbacken, im

Backhaus. Das Brot wurde mit Weinbergreben Gebäcken -das gab ein gutes Aroma. Da hat

man also noch ein bißchen Obstreisig dazugehabt, aber das hat man im Jahr durch verbraucht.

Man hat alle vierzehn Tage Gebäcken -und die sind begehrt gewesen, die Reben. Wir haben

ein Gemeindebackhaus, da sind zwei Backofen drin, da wurde früher jeden Tag Gebäcken.

Zum Wein gab es Brot frisch Gebackenes ... Man mußte das Brot auch mit dem Schubkarren

ins Backhaus fuhren, das war das ganze Dorf durch. Genau wie an Weihnachten das Gebäck,

ist alles da unten Gebäcken worden.

 

Die Reben hat man gebunden mit Weiden. Da hatte man immer so Büschel, und die hat man

ins Trockene in den Schuppen 'rein. Und jeder, der backen wollte, hat auf der Schubkarre so

vier, fünf Büschel ins Backhaus geschoben und Feuer gemacht, und eine halbe Stunde drauf,

da ist er mit dem Brot gekommen. Da haben sie noch so einen Besen gehabt aus Stroh, da ist

die Asche und das alles auf die Seite gekommen und da ist das Brot rein geschoben worden.

 

WEINBERG HACKEN

 

Und wenn man die Reben geschnitten hat und zusammen gelesen, dann sind die Ruten

gebogen worden und mit Weiden gebunden. Und dann wurde der Weinberg gehackt mit dem

Karscht, das ist ein Gerät, wo zwei solche Eisenzinken hat, und so wurde der ganze Weinberg

mit dem Karscht rumgehackt. Da mußte man immer wieder mit den Füßen den Trieb

wegdrücken, daß man da hat hacken können, und wenn Mist eingetragen worden ist, den hat

man vorher breiten müssen, und dann den Mist auch in die Rinnen 'rein und wieder zudecken.

 


 

WEINGARTNERFAMILIEN

 

Die Wengerter, das waren lauter Familienbetriebe. Man hat halt zum Rigolen Nachbarschaft

oder Verwandtschaft gehabt, aber da hat auch nicht den ganzen Weinberg angelegt, da sind

vielleicht mal zehn Meter oder fünfzehn Meter im Winter umgegraben worden und im

Frühjahr gesetzt. Der Weinberg, das mußte nebenbei gehen.

 

Knechte oder Mägde hatten wir nicht. Da waren Großvater und Großmutter noch da und die

haben da auch mitgearbeitet. Da waren in Verrenberg vielleicht vier oder fünf Bauern, wo

früher sich einen Knecht oder eine Magd haben halt en kennen, mehr war da nicht drin.

Lauter kleinere Betriebe. Vieh haben wir vor dem Krieg elf oder zwölf Stück gehabt, aber nur

durch Zupacht war das möglich. Und trotzdem ist man immer noch gern ein bißchen ins

Nebenverdienen. Man hat sich alles vom Körper 'runter schinden müssen. Wenn ich halt ins

Weingut gewollt habe, dann hat der Vater gesagt: "Aber das weischt" -im Weingut ist um

sieben angefangen worden im Frühjahr -"aber das weischt, da ist der Stall fertig, wenn du fort

willscht!".

 

Und da mußte natürlich um halb sieben der Stall fertig sein und dann noch schnell

Frühstücken, also halb fünf aufstehen, und Vesper -da wurde um halb neun eine halbe Stunde

gevespert -richten, und einen Most mitnehmen ... Auf dem Weingut gab es das ganze Jahr

Arbeit, bis so Ende November. Dann ist noch rigolt worden von Hand, und dann ist Schluss

gewesen bis Mitte Februar.

 

Wenn man Vieh gehabt hat, dann mußte man im Frühjahr auch Kartoffeln und Rüben -wir

haben auch Zuckerrüben gehabt früher, wir haben Zicchorien gehabt, wir haben auch Gemüse

angebaut und dann im Heumachen -jetzt ist Heumachen gewesen, jetzt ist heute nacht ein

Gewitter gekommen, jetzt müssen wir morgen spritzen -da hat man alles liegengelassen, und

dann ist an dem Tag wieder gespritzt worden.

 

Die Haupteinkünfte kamen aus dem Wein und den Zuckerrüben. Und bei uns hier im Dorf aus

dem fürstlichen Weingut -da haben früher die Verrenberger als Saisonarbeiter arbeiten

können. Die sind damals überall beneidet worden, weil die Verrenberger Kleinbauern haben

sich schon wieder eher was leisten können. Ich entsinne mich, wir hatten in Verrenberg schon

vor dem Krieg über dreißig Motorräder!

 

Da sind die jungen Burschen, wenn sie Zeit gehabt haben -da konnte man heute kommen

oder wieder einen Tag wegbleiben oder morgen wieder -auf das Weingut 'raus oder auch die

Männer, und haben da zusätzlich noch ein bißchen Geld verdient.

 

Und der eigene Weinberg -da ist man abends, wenn Feierabend war, noch in den eigenen, bis

es Nacht war. Verrenberg früher war ein rein kleinbäuerliches Dorf. Nur dadurch, daß sie im

Weingut als Tagelöhner noch dabei Geld verdienen konnten, waren sie richtig existenzfähig.

Die hatten fünf, sechs Stück Vieh oder sieben und haben da ihr Zeug selber geschlachtet, ihr

Brut selber und ihre Kartoffeln und das alles. Dadurch hat Verrenberg von den ganzen

umliegenden Ortschaften ein Plus gehabt im Verdienen.

 


 

KELTERN

 

Vor dem Krieg ist der Wein privat verkauft worden. Die Trauben sind nach der Lese in die

Kelter gekommen, und da hatte jeder Weinbergbesitzer einen großen Holzbottich stehen -wir

hatten einen mit zweieinhalbtausend Liter. Jede Gemeinde hatte eine Kelter. Und dann sind

die Trauben da 'rein gekommen und sind gemahlen worden in der großen Butte. Die roten

müssen ja angaren. Aber der weiße hat damals auch gegart, weil die konnten die große

Menge, die da kommt, gar nicht so schnell verarbeiten.

 

Früher ist gemeinschaftlich angefangen lesen worden -da ist in die Zeitung gekommen: "Die

Gemeinde Verrenberg beginnt am Montag mit der Weinlese. Kaufliebhaber für Weine sind

herzlich eingeladen." Da hat jeder Wirt seinen Wein gekauft bei den Wengertern und hat ihn

selbst im Keller ausgebaut. Außer im fürstlichen Weingut draußen, die haben lauter

Holzbutten gehabt, zehn, fünfzehn, und wenn die soweit voll waren alle, dann kam es in der

Zeitung, da ist der Wein versteigert worden. Da kamen sie sogar von Stuttgart 'runter, di~

heutigen Nobelhotels noch, Backerschmidt und wie heißen sie alle, die sind da gekommen,

weil die hatten eigene Küfer in ihren Hotels, die den Wein im Keller gerichtet haben. Da ist

ein Lastwagen gekommen und hat Fässer obendrauf stehen gehabt und der Traubensaft wurde

rausgepumpt oben; mit den Fässern sind sie auf Stuttgart gefahren, und nachher sind sie mit

dem Schlauch wieder 'raus gezogen und haben's in den Keller 'runtergepumpt. Da sind sie in

die richtigen Weinfässer gekommen. Da hat sich der neue Küfer selber drum gekümmert, um

den Ausbau.

 

Normal hat man immer feste Abnehmer gehabt. Hat nicht immer geklappt, wenn große

Weinherbste waren wie vergangenes Jahr, da ist man auch mal fast sitzen geblieben. Da kam

es vor -ich glaub, 1934 -da ist Wochen nachher noch der Wein in der Kelter gestanden, der

hat schon vergoren gehabt in den Bottichen. Aber sonst war acht Tage nach der Lese der

Wein verkauft. Da ist Tag und Nacht durchgekeltert worden, in zwei oder drei Schichten.

Dann war das Hauptgeschäft passiert.

 

WEIN RICHTEN

 

Wenn der Wein im Faß ist, muß man zuerst immer gucken, daß der Zuckergehalt stimmt,

wegen Alkohol und Saure. Dieses Jahr (Winter 92/93, U M) ist der Wein so schnell vergoren

-hat er auch sollen, weil er wenig Saure hat. Wenn der Wein lange gärt, das baut Saure ab.

Wenn's sauren Wein gibt, dann lässt man ihn lang garen, dann tue ich den zwei, dreimal mit

Zucker ein bißchen, daß er immerfort gart, dann geht die Saure weg. Heute wollen die Leute

alle trockenen Wein, wollen viel Saure. Ich will aber keinen trockenen. Im Herbst: Zwei Tage

hat er vergoren gehabt. Wenn er vergart hat, dann muß er etwa -wenn er sich klärt, wenn er

hell wird, abgelassen werden. Dann muß der Wein 'raus und die Hefe, die sich abgesetzt hat,

raus, Behälter reinigen, und dann schwefeln und den Wein wieder 'rein geben. Ich zieh heute

noch nichts aus Flaschen, ich trink alles vom Faß. Der Wein darf nie zu lange laufen. Sobald

er zu lange läuft, schmeckt er alt.

 

Aber die Winzer selbst haben vor dem Krieg Most getrunken, da ist höchstens sonntags mal

ein Krügle Wein geholt worden, da ist sehr gespart worden. Wir haben auch eine kleine

Landwirtschaft gehabt noch und Pachtacker und Pachtwiesen, und da hat der Vater halt

immer gesagt: "Das Weingeld muß langen zum Pachtgeld zahlen". Daheim hat man Most

getrunken, das war billiger.

 


 

KINDERARBEITEN

 

Ich glaub immer, daß es in früheren Wintern mehr Schnee gehabt hat wie heute. Früher

mußten wir als Kinder im Winter morgens und nachmittags in die Schule. Im Sommer nur

vormittags. Ich habe noch die Zeitungen ausgetragen -um vier war die Schule aus, und dann

war schon lange Nacht, bis ich heimgekommen bin. Die Jugendzeit war früher -ich erinnere

mich nicht gern dran. Wir Kinder haben immer mitarbeiten dürfen. Mein Vater hat da

hingerichtet, da mußte man Rüben vortun vom Keller zur Rübenmühle, in der Scheune, daß er

abends bloß mahlen mußte, und so Kleinigkeiten. Mein Vater war Bürgermeister noch dazu,

da durfte ich abends meistens schon allein futtern, da war der schon verschwunden. Oder mal

Kartoffeln waschen für die Schweine. Zeit zum Schlittenfahren war nur samstags und

sonntags -oder nachts!

 

SCHLITTEN FAHREN

 

Was sind wir früher Schlitten gefahren als Kinder, den Berg da 'runter! Da hat man Milch

weggetragen ins Milchhäusle unten, da ist die Milchkanne um zwölf Uhr nachts noch unten

gestanden. Da ist man gar nicht heim, da hat die Mutter recht geschimpft, weil man die

Milchkanne nicht heim hat zum Spülen. Die ganze Dorfjugend ist da gefahren.

 

Da ist die Dorfjugend beieinander gewesen. Das war nach der Schule. Ich bin sogar, wo ich

schon verheiratet war, mit del' Frau noch Schlitten gefahren da 'rauf. Dann ist's wieder

verboten worden, da hat mal ein alter Mann den Fuß gebrochen, weil's glatt war. Nach drei

Tagen ist del' alte Zirkus wieder angegangen, da ist es wieder das gleiche gewesen. Da ist

doch kein Auto gekommen! Heute war das unmöglich. Und nachts -da oben bei dem Bauern,

der hat einen großen Mistschlitten gehabt, so einen dreiteiligen, mit einer Pferdedeichsel, da

sind vorne zwei Schlittschuhfahrer draufgestanden, mit der Deichsel links und rechts, und

hinten sind fünfzehn Stück draufgehockt, und da ist man dann 'runtergebraust mit einem

Affenzacken! Die, die 'runter gefahren sind, haben ihn wieder 'rauf schieben dürfen. Das wäre

heute unmöglich, da wäre alles kaputt. (lacht)

 

BACKHAUS

 

Wenn da im Backhaus drüben nicht gerade Gebäcken worden ist neben dran und war nicht

abgeschlossen, dann ist die ganze Bagage ins Backhaus 'rein. Wenn danach jemand Gebäcken

hat, dann hat man die Mutter heimgeschickt, und dann hat die Tochter das Brot 'raus und dann

hat man's heimgeschoben nachher mit dem Schubkarren. Das Backhaus hat der Jugend gehört

auch, das war vor allen Dingen immer warm drin. Das hatte abgeschlossen sein sollen, aber

das war nicht so.

 

KLEIDUNG

 

Früher hat man auch nicht die Kleidung gehabt wie heute die Kinder, daß man so pompös

angezogen worden ist -da hat man hat dann lange Strümpfe gehabt; man hat da immer kurze

Hosen gehabt. Lange Hosen hat man gar nicht gekannt. Immer kurze Hosen, und dann

Strümpfe 'rauf natürlich. Wollsachen, Mützen und Pullover, das hatten wir schon. Die hat

immer die Großmutter gestrickt. Weihnachten gab's neue Strümpfe oder neue Pullover oder

so. So waren wir früher nicht ausgerüstet -wenn ich heute die Kinder sehe, mit Parka und

Zeugs. Abel' trotzdem haben wir Kinder noch mehr Freude am Spiel gehabt, wenn wir Zeit

gehabt haben, als wie die heutige Jugend. Die kann ja gar nicht mehr spielen! Wir haben

Früher so gereifelt, oder wenn einer Holz gesägt hat, dann ist man hin und hat solche Roller,

so stark, 'runtergesägt, und dann hat man auf der Straße zwei Partien; oder hat man Räuber

und Landser gespielt oder so -die Jugend hat Früher noch eher mit sich was anzufangen

gewußt als heute.

 

BAHNSCHLITTEN, SCHNEE SCHAUFELN

 

Man hat im Winter öfter freie Zeit gehabt. Wir sind später, wo man noch ein Pferd gehabt hat,

sind wir öfter mal mit dem Schlitten fortgefahren, auch dem Pferd zuliebe. Wir haben gar

keinen Personenschlitten gehabt, nur so einen Mistschlitten.

 

Unsere Gemeinde hat keinen Bahnschlitten gehabt -aber in Öhringen und in Bitzfeld gab's

welche -hauptsächlich wegen der Hauptstraße außen. Da sind Früher vier Pferde angespannt

worden. Solche Winter -1941, da haben wir damals von Bitzfeld bis nach Öhringen die ganze

Straße freischaufeln müssen, die Einwohner, und die ganze Eisenbahn und den Bahnhof. Da

hat's Schnee gehabt damals, ach du liebe Zeit! Da hat man außen 'rum, wenn man vom Dorf

'reinkommt von der Hauptstraße, da war so eine Hohle, die war zu, da konnte der

Milchkutscher nicht mehr fortfahren.

 

HEIZEN

 

Im Haus hat man alles mit Holz geheizt. Man hat ein bißchen Brikett gehabt, ein paar Zentner

zum Anhalten im Ofen, aber sonst ist alles mit Holz geheizt worden. Geheizt waren nur das

Wohnzimmer und die Küche. Wir haben Früher so einen Eisenofen gehabt, so einen hohen,

da hat man auch Vesper oben warmen können, mit einer Pfanne, oder wenn was von Mittag

übrig war, dann ist das auch rein geschoben worden. Der wurde von der Stube aus beheizt.

Aber Früher? Es gibt heute noch Leute, die nur ein Zimmer heizen. In der Küche sind am

Vormittag dann auch noch zusätzlich für die Schweine Kartoffeln gekocht worden, auf der

einen Seite, und dann ist erst mittags Feuer gemacht worden. Und nachmittags ist das Feuer

ausgehen lassen worden in der Küche.

 

WASSER

 

Wasser haben wir erst gekriegt 1953. Vorher war in jedem Haus ein Brunnen. Da drüben

waren zwei Brunnen, einer im Stall und einer in der Küche. Da hinten habe ich noch einen

stehen. Jeder Haushalt hatte einen eigenen Brunnen.

 

DAS ELEKTRISCHE

 

Wir haben, solang mir's denkt, überall Licht gehabt. Wo ich geboren wurde, gab's schon

dreizehn Jahre lang Elektrizität -seit 1911. Wir hatten überall Licht in unserem Haus, die

Hauser fast alle. Manche haben im Schlafzimmer kein Licht gehabt, erinnere ich mich noch,

aber der Großteil hatte überall Licht. Und auch der Motor zum Futterschneiden -ich weiß

noch, 1930 'rum hat meine Mutter eine Waschmaschine gekriegt. Unten im Hof (lacht), der

Motor, der auch Futter hat schneiden müssen, da hat auch die Waschmaschine -da ist ein

langer Riemen drangemacht worden. Das war so ein runder Holzkasten, das ist einmal so 'rum

und einmal so 'rum gesprungen, und das war schon ein ganz enormer Fortschritt, die

Waschmaschine.

 

SCHUTZ GEGEN KÄLTE

 

Früher hat man die Laden zugemacht, hat auch gut getaugt. Manche, die größeren Bauern, die

haben noch Vorfenster drangemacht über den Winter.

 

Da haben sie so eine alte Bettflasche gehabt, da war Sand drin (lacht), und im Of en ist die

angewärmt worden. Weil die kaputt war, da konnte man kein Wasser mehr 'reinfüllen. Da

haben sie Sand 'rein getan. Da hat man aber die Füße wegtun müssen, sonst hat man die Fuße

verbrannt. Das gab's aber nur, wenn's richtig kalt war. Ich hab ein Zimmerle gehabt, da ging

der Kamin durch, das war sowieso nicht ganz so kalt. Damals hat man noch ein paar Äpfel

mit ins Bett genommen, weil Äpfel immer oben daneben waren, da hat man halt noch ein paar

Äpfel im Bett gegessen. (lacht) Da hat man sich richtig 'reingekugelt in die Strohsäcke. Und

die Mutter hat immer gesagt: "Macht kein solches Loch 'rein!". Stroh hält auch gut warm und

ist vor allen Dingen auch gesund.

 

WINTERESSEN

 

Kraut hat es jede Woche ein paar Mal gegeben. Und gelbe Rüben und so -ich hab sie immer

gern gegessen. Bodenrüben hab ich auch gern gegessen, Bodenkohlraben. Aber die sind arg

verpönt bei vielen. Den Geschmack hab ich so gern gehabt. Und dazu ein Fleisch, ein gutes,

ein Bauchfleisch, so ein fettes -das hab' ich immer gern gegessen.

 

Wenn Gebacken worden ist, sind zwei oder drei weiße Brotlaibe Gebäcken worden, das war

weißer Teig, aber kein Hefekranz oder so. Es ist also einer Gebäcken worden oder ein

Guglhupf, aber den weißen Brotlaib, den gab's zum Frühstück, und sonst nichts. Wenn's

Schwarzbrot gab, da gab's Marmelade dazu, aber zum Weißbrot -das wäre Verschwendung

gewesen (lacht).

 

Bohnen haben wir immer viel gehabt. Linsen, Bohnen und Erbsen, die Sachen, die hat man

meistens selber angebaut. Süßes gab es bei uns nur selten. Mein Vater war nicht süß, und die

Mutter war auch nicht besonders süß veranlagt, meine Geschwister auch nicht. Ich hab lieber

einen grünen Salat gegessen oder einen Kartoffelsalat zur Mehlspeise. Da muß ein besonderer

Feiertag gewesen sein, daß ein Fleisch gekauft worden ist. Oder daß einmal vierzehn Tage

lang noch nicht geschlachtet worden ist und daß dann ein oder zwei Stück Fleisch gekauft

worden ist, aber ansonsten ... Wenn man mal auf den Viehmarkt oder auf den Saumarkt ist,

daß es mal Saitenwürste oder Knackwürstle zum Vespern gegeben hat, aber das ist auch nicht

so oft der Fall gewesen. Man war halt Selbstversorger. Dann gab es Salzfleisch auch zum

Vespern -solange meine Frau gelebt hat, haben wir jedes Jahr Salzfleisch gemacht, selber,

mit Kochsalz. Und damals haben wir oft Bohnen gemacht und Salzfleisch wie früher, das hab

ich gerne gegessen und respektiert, das hat meine Frau gewußt. Da hat sie den Salzlak dazu

gemacht, so, daß es ein Ei trägt: Da ist ein Salzwasser abgekocht worden und soviel Salz 'rein

-das mußte ein Ei tragen, dann war's recht zum Fleischeinlegen.

 


 

SCHLACHTEN

 

Geschlachtet hat man im Herbst, wenn eingeschafft war, Ende Oktober, November. Und im

Frühjahr dann, März so, ehe es warm geworden ist, weil in meiner Jugendzeit, da hat es zum

ersten mal Dosen gegeben. Früher hat man die Wurst geräuchert und das Fleisch hat man

eingedünstet und eingesalzen, und das war die einzige Haltbarmacherei. Und das Fleisch hat

dann schon hintenach so ein bißchen einen Geschmack gehabt, da hat' also immer

Fleischküchle gegeben -mit viel Gewürz und Zeugs drin ...

 

Aber das weiß ich noch -wir haben damals auch eine Sau geschlachtet und da hat der

Metzger gesagt, wir sollen mal Dosen machen. Da mußte man mit dem Handwägele ins

Nachbardorf, nach Bretzfeld und mußte die Dosenmaschine holen. Und dann ist der Mann der

ist dann mit dem Rucksack mitgelaufen nach Verrenberg. Und dann haben wir zum erst

en Mal -ich glaub fünfzehn Dosen oder zwanzig Dosen probiert. Und dann hat der gleich

wieder zugemacht und dann mußte man wieder mit dem Wägele nach Bretzfeld. Und wir

waren die ersten im Dorf, die das gemacht haben. Wir waren ja nicht sicher, ob was ist, ob das

auch halt. Das konnte vielleicht so 31/32 gewesen sein. Und dann, ein paar Tage drauf, haben

wir gesagt: Die Dosen, die sind zu! Man hat auch keine aufmachen wollen gleich, solang noch

frische Wurst da war. Da hinten unten, da hat's dann auch schon ein Bauer probiert mit der

Dosenzumacherei.

 

In Öhringen früher, denkt mir noch, vor dem Krieg, da haben die Brauereien alle Eisseen

gehabt -da gab's noch keine Eismaschinen für Stangeneis. Das Eis wurde im Winter

gebrochen und in den Eiskeller gebracht. Ich weiß noch, wir mußten im Sommer einmal eine

Sau notschlachten, und damals hat man noch nicht eingedost. Und da hat der Metzger gesagt:

Am besten, du tust zwei Ständer rein in die Brauerei Reichert in Öhringen, in den Eiskeller

rein. Und dann mußte ich mit der Kuh damals rein nach Öhringen fahren in die Brauerei und

hab denen die zwei Ständer Fleisch gebracht. Und da haben die mich mit dem Aufzug mit

runter genommen -ooohh, da sind unten ... zwei, drei Meter hoch ist da das Eis noch vom

Winter im Eiskeller gelegen. Da wurde das Fleisch dann da unten gelassen vierzehn Tage,

dann habe ich nach vierzehn Tagen den einen geholt und dann nach vierzehn Tagen wieder

einen.

 

DRESCHEN

 

Mein Großvater hat 1898 schon eine Dreschmaschine gekauft. Da mußten vier Mann drehen!

Da gab's noch keinen Göpel damals. Er hat dann zwei oder drei Jahre darauf einen Göpel

gekauft. Aber zuerst mußten vier Mann drehen. Die Dreschmaschine ist 1945 erst verbrannt,

wo der Ami gekommen ist. Bei der sind die Spreu und die Körner unten 'raus gefallen, das

waren nur hinten Stifte und vorne drei Schüttler. Da mußte man wieder putzen. Dafür haben

wir eine Putzmühle gehabt, die ist noch an den Strom drangekommen in meiner Zeit, aber

ganz früher ist sie auch von Hand gedreht worden.

 

Ich weiß noch, mein Großvater, wo der dann den Göpel gekauft hat zum Dreschen, da hat ihm

der Verkäufer in Öhringen versprochen, daß zwei Kühe den Göpel ziehen zum Dreschen. Wo

sie dreschen wollten, haben die Kühe nach einer halben Stunde dagestanden und haben nicht

mehr ziehen können und haben die Zunge 'rausgehängt und

haben gehechelt. Da ist er nach Öhringen gelaufen, und sagt zu dem, er soll das Gelump

wieder holen, die Kühe ziehen das nicht! Da hat der Chef gesagt, er soll nur wieder

heimgehen, er schickt einen 'raus -das geht. Da ist er wieder heimgelaufen. Eine Stunde drauf

ist einer gekommen mit einem Rucksack und Spazierstöckle und hat so ein kleines Zahnrädle

hinten drüben am Spazierstöckle gehabt. Dann hat der an dem Göpel oben das eine Zahnrädle

'raus gemacht und ein anderes Zahnrädle 'rein gemacht, da ist das anders übersetzt gewesen,

da haben die Kühe den Göpel gezogen. (lacht) Da hat mein Vater oft erzählt, früher, wenn sie

heimgekommen sind von der Schule, da sind sie gerade ins Haus 'rein, die Bücherranzen in

alle Ecken und die Kühe und Göpel hinten nachlaufen, daß die gleichmäßig gelaufen sind.

 

HOLZMACHEN

 

Hart war es, wenn man in den Wald gemußt hat -wir haben eine Stunde zu laufen gehabt im

Wald, da ist man dann im Wald geblieben, bis es Nacht war, und dann wieder eine Stunde

heim laufen im Winter, und da hat man einen Rucksack und Vesper und Säge und Beil und

alles dabeigehabt -das war nicht so arg angenehm. Das Schönste daran war: Da hat man

immer so eine kleine Pfanne dabeigehabt, jedes, und da hat man die Dosenwurst -hat man

daheim schon Zwiebeln geschnitten fein, und hat die Zwiebeln ins Feuer und hat sie glasig

gedünstet, ein bißchen Schmalz 'rein, und dann hat man die Büchsenwurst 'rein, bis sie

verlaufen ist. Den Most hat man also eingewickelt und in den Rucksack. Hingefahren ist man

nicht mit dem Schlitten -zuerst, da hat man ja von Hand Bäume 'rumsägen müssen. Erst

nachher, um sie rauszuholen, hat man den Schlitten genommen. Oder hat man's liegenlassen

bis im Frühjahr, wenn kein Schnee war, wenn's abgetrocknet war.

 

Wir hatten einen eigenen Wald oben bei Buchhorn, das ist südlich von uns. Und da ist keine

Ortschaft dazwischen, nichts. So fünf Viertelstunden hat man dorthin laufen müssen. Da war

auch kein Weg. Heute ist ein schöner, befestigter Weg hin, da kann man mit dem Auto

hinfahren. Wenn wir Fichtenstamme gebraucht haben, dann mußten wir entweder nach

Westernbach, das sind sieben Kilometer, oder nach Heiligenhaus, das gehört zu Schöntal

schon. Da ist man dann mit dem Vieh rüber gefahren, dreizehn Kilometer, und hat die

Fichtenstangen geholt zum Pfähle machen. Da ist natürlich das Vieh und der Mann, bis man

rüber und heimgelaufen ist, geschafft gewesen. Unsern Wald, den hat mein Großvater gekauft

im letzten Jahrhundert, aber nicht wegen dem Holz, wegen dem Laub zum Streuen.

 

Zum Heizen für das Holz hat man sowieso Lose gekauft. Da ist ja immer gespart worden im

eigenen Wald zum Holzmachen, der ist wegen der Streu gekauft worden, weil früher ist das

Stroh und die Rüben, alles mit verfüttert worden. Und im Frühjahr hat man dann Streu

zusammengerecht und hat das in den Stall. Heute macht man das gar nicht mehr, heute

verreckt das ganze Stroh draußen. Bauholz, das ist alles gekauft worden, wenn einer bauen

wollte.

 

FRAUENARBEITEN

 

Die Frauen haben viel Handarbeiten gemacht, auch gestrickt und so, man hat im Herbst dann

auch Kraut eingemacht, da ist Sauerkraut eingestampft und eingemacht worden und viel

gestrickt worden vor allem Dingen. Meine Frau war auch eine große Strickerin. Wolle hat

man meistens gekauft. Es hatten einige ein Schaf oder zwei gehalten haben -über den Krieg

haben mehr Leute ein Schaf gehalten. Aber allgemein Schafe, war nix drin.

 


 

HANDWERKER

 

Da kamen der Sattler, der Schneider, die Näherin -die kam ein paar Tage ins Haus und hat

Hemden genäht für die Männer und Schürzen für die Frauen und so Sackkleider, so

Ärmelschürzen, Arbeitskleider. Das war im Winter. Da hat sich der Schuster immer gefreut,

weil da gab's was Gutes zu essen und zu trinken. Der kam und hat seine Werkstatt

mitgebracht, und dann hat er sich in der Ecke -bei uns selber ist er nicht gewesen, das sind

die Großfamilien gewesen, die auch noch Knechte und so gehabt haben. Ich hab ja bloß

fünfzig Meter gehabt, da hat er gleich gewohnt. Wenn ich zu dem gekommen bin morgens im

Winter -da ist man nicht so bald aufgestanden, und da hat man auch langer im Stall gefuttert

und Vieh geputzt noch einmal. Wenn da der Stall fertig war und ich hab dem Schuster ein

paar Schuhe gebracht, dann hat er schon so einen anderthalb Liter-Krug voll Most da stehen

gehabt. Der hatte 2.100 Liter Faßraum für Most, und an der Ernte hat der schon keinen mehr

gehabt. Da hat man ihn gesehen, daß er wieder hausieren geht mit dem großen Mostkrug, und

hat beim Nachbarn Most gebettelt. Anzüge hat man fertig gekauft. Ich hab einen vom

Schneider gekriegt als junger Kerl. Einen Schneider gab's hier im Dorf vorm Krieg nicht, aber

erst nach dem Krieg. Einen Sonntagsanzug hat schon mal der Schneider gemacht, aber

allgemein nicht, da hat man die Sachen von der Stange gekauft.

 

Zum Körbemachen ist einer gekommen vom Nachbardorf. Der war gehbehindert, im

Rollstuhl. Wenn er abends nach Hause wollte, mußte ich ihn mit dem Pferd die unbefestigte

Steige hochziehen -der war nie den Buckel hochgekommen mit dem Rollstuhl. Die Körbe für

den Mist konnte der auch machen. Nur mußte man ihm den Rahmen vormachen -da war

unten ein Holzboden, und dann hat man so Haselnußstecken schräg 'rein, und dann hat der

bloß so durchleuchten brauchen. Ein normaler Körbeflechter hatte das gekonnt, aber der war

ja behindert. Der hat auch nicht viel verlangt.

 

MARTINI-KIRCHWEIH

 

Früher, vor dem Krieg, Kirchweih -da haben die Frauen zehn, fünfzehn Küchen Gebäcken.

Da gab's noch Grieben und das und -da gab's acht Tage lang nichts anderes nachher, daß der

alte Kuchen dann weggekommen ist.

 

Wir haben an Martini Kirchweih. Die Weinortschaften haben alle an Martini Kirchweih

gehabt. Früher war die Kirchweih noch ein anderes Fest wie heute. Da gab's nur am

Pferdemarkt, am Pfingstmontag und am Ostermontag und an der Kirchweih eine Musik, sonst

war da im ganzen Jahr nichts, und Erntedankfest noch. Da ist die Kirchweih natürlich mit

Musik anders gefeiert worden wie heute.

 

Die Martini-Kirchweih war am Sonntag vor Martini. Und da gab's dann vorzugsweise den

neuen Wein und Zwiebelkuchen. Nachher durfte ja keine Musik mehr sein, wegen

Totensonntag -das war der letzte Termin, wo Musik sein hat können. Die haben dann noch

Kirchweih gehalten ohne Musik, am folgenden Sonntag noch einmal, dann durfte aber keine

Musik sein, für Getränke und Speisenverkauf Martini selbst war nur der Tag, wo man

Pachtgeld gezahlt hat. Und die Handwerker, der Schuhmacher, die haben zu Martini ihre

Rechnungen gebracht. Die sind immer gerne gekommen, weil da gab's immer schon neuen

Wein.

 

Ich trinke ihn sogar, wenn er rauschig ist, schon, aber er bekommt mir nicht mehr so gut.

Wenn man älter wird ... Da hat meine Mutter immer gesagt -die war fast neunzig -wenn ich

 


 

gekeltert hab', hab' ich gesagt "Was ist, willst einen neuen?" -"Nein, der Küfer hat gesagt, du

sollst keinen neuen Wein in alte Schläuche füllen!"

 

BESENWIRTSCHAFT

 

Ich weiß noch, wir haben 1934 unseren Wein nicht verkaufen können damals. Und da hat

mein Vater kurzfristig Besenwirtschaft raus gemacht. Da sind früher noch keine solche

Auflagen da gewesen wie heute, heute muß ja doppeltes Klo und Waschgelegenheit und alles

da sein: Wenn man seinen Wein nicht fortgebracht hat oder wenn man darauf sitzen geblieben

ist, dann hat man den Besen raus gemacht. Im Nachbardorf, der hat mal mehr drin gehabt als

vierzig Leute im Besen vor ein paar Jahren, den haben sie zugemacht sofort. Früher hat man

schon gar nicht mehr Möglichkeiten gehabt, wie vierzig Personen unterzubringen. Da ist die

Schlafstube ausgeräumt worden und die Wohnstube, und 25 Pfennig hat's Viertel gekostet

1934, wo wir eine Besenwirtschaft gehabt haben!

 

Der Käufer hat keinen mehr abgenommen von meinem Vater -dann hat er den Besen

'rausgehängt. Da hat man morgens um elf rum hat man also -vorher ist da sowieso fast

niemand gekommen. Das war die ganze Woche durch. Abends hat man warten müssen, bis

die letzten gegangen sind. Wir haben hier das Glück, daß viele Öhringer -weil in Stadtnähe,

da ist man gelaufen früher. Drei Kilometer von Öhringen, da sind immer viele Öhringer

gekommen. Und dann gab's früher auch viele Bauernknechte, die haben damals, als das

Viertel 25 Pfennig gekostet hat, woanders hat's vielleicht 35 gekostet in der Wirtschaft, da

haben die das schon ausgenützt.

 

Besenwirtschaft mußte nicht im November sein -das hat man auch später noch machen

können. Aber da haben sie immer gesagt: "Da kann man den Dreck mit verkaufen". Die Hefe

kann man da mitverkaufen, wenn der Wein noch in Garung ist, das gibt auch Geld, die Hefe

(lacht). Die meisten haben es schon im November gleich gemacht. Das sind wenige, die später

noch einmal Besen gemacht haben. Fast alles im November. Da hat es meistens schon an den

Möglichkeiten gefehlt auch wieder zum Weinlagern. Man war ja nicht so drauf vorbereitet.

Ich weiß noch, mein Vater hat damals am Montagmittag vom Nachbarn noch fünfzig Liter

Wein geholt, weil er keinen mehr gehabt hat und er konnte die Leute doch nicht

heimschicken. Da hat er bei dem noch fünfzig Liter geholt, daß er, bis Kirchweih vorbei war,

wenigstens noch etwas hat ausschenken können. An der Martinikirchweih hat derjenige Wein

ausgeschenkt, der zuviel hatte oder wo Probleme gehabt hat mit Verkaufen.

 

HEILIGE-NACHTE-SINGEN

 

Früher gab's bei uns die Heiligen Nächte, das waren die drei Nächte donnerstags vor

Weihnachten. Wir haben Heilige-Nächte-Singen gesagt. Da ist man bei den Nachbarn und

Bekannten 'rum und da hat man vorher geschaut, ob die schon Brödle gebacken haben, das

Weihnachtsdings -das hat man ja gesehen, ob die ins Backhaus gehen oder nicht. Weil

damals als Kind, da hat's ja vor Weihnachten keine gegeben! An dem Tag, wo sie gebacken

worden sind, und dann sind sie weg gewesen. Dann ist man da als Kind 'rein und hat ein Lied

gesungen, und dann sind die Mutter gekommen und haben da im Schurz so jedem zwei

Brödle gegeben. Gesungen haben wir "Stille Nacht, heilige Nacht", und da hat's so ein

Spitzbubenlied gegeben, füllt mir gerade nicht ein. Wo es hinten heißt: "Großmutter hat de

schenste Mou ..“ Da hat man halt schon gewußt, was man kriegt. Da oben, in dem großen

Haus links, da hat man immer Hutzeln gekriegt, weil die haben immer viel Hutzeln gemacht.

 


 

Da war man froh mit, das war noch eine genügsame Zeit. Einmal haben wir uns sogar

aufgerappelt und haben beim Schulmeister gesungen. Und da hat jedes einen Bleistift gekriegt

(lacht).

 

ADVENT UND FRÖMMIGKEIT

 

Adventskranze haben wir Früher auch schon gehabt. Aber nicht alle Leute und auch nicht

regelmäßig. So fest ist das nicht. Es war Früher trotzdem noch, wie soll ich mich ausdrücken,

ein wenig häuslicher und vielleicht christlicher als in der heutigen Zeit. Mein Schwiegervater

war noch ein frommerer Mann wie mein Vater, da ist jeden Morgen am Frühstück ist da die

Bibel gebetet worden. Mein Vater hat das Früher bloß sonntags gemacht. Die Woche durch

hat der da keine Zeit gehabt, aber sonntags nach dem Frühstück haben wir alle natürlich

außen rum sitzen bleiben müssen, und da hat er aus der Bibel da 'raus gelesen. Uns war das

sowieso zu langweilig, das Zuhören. Aber da hat man schon brav immer hinhocken müssen.

 

HEILIGER ABEND

 

Den Christbaum hat man nie gesehen, bis er im Zimmer gestanden ist. Wir sind immer wenn's

Nacht geworden ist, da ist hier das ganze Zimmer voll gehockt, weil ich hab noch

mehr Kusinen hier im Dorf, und die sind alle zum Großvater und zur Großmutter. Da ist alles

voll gehockt, der Boden noch, und wenn der Vater im Stall fertig war -der Christbaum war

im Keller hinter den Mostfässern. Und am Heiligen Abend, wenn mein Vater gepfiffen hat

drüben an der Haustüre, dann haben wir 'rüber dürfen, und dann ist -der Christbaum hat

gebrannt, wenn man 'rüber gekommen ist, und da sind die Geschenke unter dem Christbaum

gelegen, und da hat man zum ersten mal den Christbaum gesehen.

 

Der Pelzmärte und das Christkind sind später erst gekommen. Aber der Christbaum an und für

sich, wenn den der Vater gekauft hatte in Öhringen, dann ist da eine Viehdecke draufgelegt

worden auf dem Wagen, zu sehen hat man den nicht vorher gekriegt. Geschmückt war er mit

Silberfäden und auch Kugeln und Kerzen.

 

Der Pelzmärte ist auch wie der Nikolaus, der ist ganz wild gewesen, und oft war der

Pelzmärte auch schon besoffen, bis er gekommen ist, weil sie überall einen Schnaps und

etwas zu trinken bekommen. Und das Christkind natürlich ganz in Weiß, mit einem

Vorhangle drüber runter, und wenn sie was trinken hat sollen, ist sie hinten in die Ecke 'rein,

hat's Vorhangle gelupft und hat dann getrunken. Das waren meistens welche vom Dorf -mein

Vetter draußen, der hat in seinem ersten Jahr, wo er verheiratet war, das hat seine Frau erzählt

-sagt sie: Mit dem Schubkarren haben sie ihn heimgebracht, so einen Rausch hat er gehabt.

Die Frau ist allein daheim gewesen. Das Christkind, das war ein junges Mädchen von da

oben, die war das Christkindle und der hat den Pelzmärte gemacht im Dorf. Und meistens ist

der Pelzmärte bestellt worden von den Eltern, weil da hat noch Zucht und Ordnung

geherrscht. Da drüben der Nachbar, der hat auch einmal eine freche Goschen gehabt: "Du bist

doch gar kein richtiger Pelzmärte! ". Da hat er ihn genommen, in den Sack 'reingestopft -der

hat gar keine Strümpfe angehabt -und haben ihn raus getragen, vors Dorf naus, und da haben

sie ihn wieder springen lassen.

 

Am Heiligen Abend, am 24., sind sie gekommen, aber da hat's auch spät sein können, da hat's

auch schon elf sein können, bis die 'rumgekommen sind. Es ist im unteren Dorf extra ein

Pelzmärte und ein Christkindle gewesen und im oberen. Der Pelzmärte hatte meistens Stiefel

 


 

und dann einen langen Mantel an und so einen Flachsbart um, so ein Ding, und eine

Zipfelmütze, so eine schwarze, und einen Mordsstecken, und einen Sack. Und eine Kette hat

er um die Achseln rüberhängen gehabt, mit der hat er geklappert, da hat man gewußt, jetzt

kommt der Pelzmärte. Da hat man vorher schon gezittert. Da hat man halt sein Verschen

sagen müssen, und wehe, das hat nicht geklappt! (lacht) Leute, die dem Christkind was vorher

gegeben haben, das soll's bringen, das ist eigentlich erst nachher gewesen, mehr nach dem

Krieg, wo nur ganz auf Bestellung noch der Pelzmärte gekommen ist.

 

SPIELZEUG

 

Da hat man an Weihnachten die Sachen gekriegt, die man sowieso gebraucht hat, und

Spielsachen. Wir haben einen Onkel gehabt in Öhringen, da haben wir uns immer gefreut,

wenn der gekommen ist, das war ein Patenonkel, weil von dem gab's was zum Spielen. Auch

an Ostern hat man einen Ball gekriegt und Bananen oder Orangen, wo sonst.

 

WEIHNACHTEN

 

Am ersten Weihnachtstag ist Kirchgang gewesen allgemein. Da hat's Brödle gegeben

nachmittags oder einen Glühwein mal oder sowas. Da hat's Sonntagsessen gegeben, und das

war ein Braten und Spätzle und Salat.

 

Am Heiligabend -ich glaube, daß es da auch nichts extra -höchstens vielleicht eine

Schinkenwurst oder daß es da einmal eine gekaufte Wurst gegeben hat, ansonsten ist das nicht

so, daß es da was ganz Besonderes, Spezielles gegeben hatte.

 

Am zweiten Weihnachtstag, dem Stephanstag, mußten die Pferde bewegt werden. Da hat

mein Vater gesagt "Das muß nicht sein am Feiertag!". Hab' ich gesagt: "Du weißt doch, daß

wir früher immer -da haben wir als Kinder uns schon gefreut, wenn Schnee gelegen ist, dann

haben sie den Schlitten eingespannt, dann sind wir alle gesprungen und haben wir mitfahren

durren. Da haben sie den Mistschlitten eingespannt, und da ist alles draufgehockt. Das ist

heute noch so, daß man am Stephanstag die Gäule bewegt.

 

Der dritte Weihnachtstag, das ist der Hanstag, hat mein Großvater gesagt. Der ist nicht mehr

so gefeiert worden; mein Großvater hat die Feiertage noch eher gefeiert, genau wie Peter und

Paule und noch mehr solche Feiertage. Weil, das hab ich genau gewußt, mein Großvater,

wenn der morgens gekommen ist und hat seine bessere Kappe aufgehabt, dann hab ich gesagt

"Großvater, was ist denn heute?" -"Bua", hat er gesagt, "heute isch Peter und Paule".

Kirschenpeter sagen sie heute. "Heute ist er ein wenig ein besserer Tag." Und Hanstag ist

auch so ein Tag gewesen.

 

Am ersten Weihnachtsfeiertag und am Karfreitag, da durfte ich im Stall nicht mal das Vieh

misten, so heilig waren die Tage. Da ist der Mist nur zurückgezogen worden bei den Viechern

und frische Streu hin, da durften keine Rüben gemahlen werden, die mußten am Tag vorher

gemahlen werden. Keine Arbeit zu verrichten, nur den Kühen was zu fressen geben. Da ist

aber mein Großvater im Stall gewesen, wo er schon 85 war, und hat das überprüft, daß da ja

nix gelaufen ist.

 


 

ZWÖLF NÄCHTE

 

Und dann die zwölf Nächte, da haben sie noch geflochtene Pferdeschwänze im Stall gehabt

und alles mögliche, daß die Geisterle kommen und der alte Dreck aller. Da durfte man ja

keine Schuhe schmieren und keine Fingernagel schneiden und da durfte nicht gewaschen

werden, und und und. Meine Mutter hat sich da ans Waschen oder Schuhe schmieren ...

Früher wurden immer sonntags die Schuhe geschmiert und montags. Wehe, wer montags aus

dem Hof 'raus ist und hat keine frisch geschmierten Schuhe gehabt! Aber, da in den zwölf

Nächten, da hat die Mutter aufgepaßt. Und hat man Fingernagel geschnitten, da hat man das

ganze Jahr böse Finger, und wenn man die Schuhe schmiert, dann hat man das ganze Jahr

kein Geld, da muß man den Tierarzt und den Doktor schmieren und lauter solche Sachen. Die

hat genau das Wetter auch immer aufgeschrieben, wie es in den zwölf Nächten war, da hat die

immer zwölf Ringlich gehabt -ob die Sonne geschienen hat, da hat sie bloß das Ringle halb

zugemacht oder ganz oder je nachdem, und da hat sie gemeint, so wird das Wetter -ich hab

gesagt: "Du mit dem Zeugs da."

 

SILVESTER

 

Silvester war früher Tanz, in der Wirtschaft, aber nach dem Krieg nichts mehr. Aber vor dem

Krieg war Silvester immer Tanz. Da ist die Jugend hingegangen. Die Alten gehen da nicht ...

Als ich ein kleines Kind war, da haben sie Neujahrsschießen gemacht, mit Böller -aber nicht

so wie heute. Da haben sie Neujahr ein paar Böller geschossen.

 

FASTNACHT

 

Fastnacht, das hat man nachher bloß gewußt bei uns, weil da die Mutter Küchle gebacken hat.

So Ausgezupfte, und dann auch so viereckige, die so hoch werden, so hoch hat sie sie

geschnitten. Schneidersfleck haben sie gesagt. Im flüssigen Fett sind die ausgebacken worden.

Und die anderen sind so Auseinandergezupfte gewesen, wo in der Mitte noch so weiß waren

und außenrum so einen Rand. Fastnacht hat man bei uns so viel wie nix gelaufen. Und dann

hat man natürlich an Fastnacht Salat gesät, wenn der Boden offen war – Rosenmontag oder

Fastnachtsdienstag -, da ist Kresse gesät worden.

 

WINTERSCHULE

 

Hier war die Fortbildungsschule in Öhringen. Da bin ich auch 'rein, da hat man nachher auch

so eine Art Gesellenprüfung gemacht vor dem Krieg, für die Landwirtschaft. Am Anfang

war's nur über den Winter, und dann ist es aber ganzjährig gewesen, ich glaube, ab '38. Und

dann war in Öhringen noch eine Winterschule für Landwirtschaft -für die Älteren. Da hat

man zwei Jahre 'rein gemußt, in die Fortbildungsschule für Landwirtschaft. Da haben die

anderen noch in die Gewerbeschule gemußt, die was gelernt haben; und die, die Bauern

geblieben sind, die haben in diese Fortbildungsschule gemußt. Ein Jahr bin ich, glaub ich,

über den Winter 'rein gegangen, und dann ist es ganzjährig gewesen. Allerdings auch mit

großen Ferien und so. Gelehrt wurde Rechnen; wenn man Bäume setzen will, wie man das

anlegt, welche Ausmessung und so weiter. Über Wein weniger -das haben sie nachher in der

landwirtschaftlichen Winterschule, da ist extra einer da gewesen, der alle Woche einmal zwei

Stunden über Weinbau unterrichtet hat. Das waren die ab 17, 18 Jahr, 19,20, die sind da in die

landwirtschaftliche Winterschule gegangen.

 


 

Ab '38 bin ich einmal in der Woche hingegangen. Die landwirtschaftliche Winterschule, die

ist von Ende Oktober bis März gegangen, ganztägig. Jeden Tag. Das ist so gewesen: Bis zum

Dritten Reich gab's im Dorf zweimal in der Woche eine Fortbildung für alle Schulentlassenen,

zwei Jahre lang. Das hat der Lehrer gemacht, in den Abendstunden. Das war abends um

sieben im Winter, bis um neun, oder halb sieben bis halb neun, zwei Stunden -aber das war

mehr Allgemeines. Dann ist das nicht mehr der Fall gewesen, und dann ist das

landwirtschaftliche -die anderen, die was gelernt haben, haben in die Gewerbeschule gemusst

nach Öhringen, und die Landwirtschaftlichen haben in der Landwirtschaftsschule haben

einmal in der Woche einen Tag gehabt. Das, was der Lehrer vorher gemacht hat, hat's dann

nicht mehr gegeben. Da sind auch die Mädchen abends in der Fortbildungsschule gewesen, im

Dorf. So, wie wir einmal in der Woche in die Schule sind, sind die Mädel auch einmal in der

Woche nach Öhringen -die, wo in der Landwirtschaft geblieben sind. Das war auch in der

Landwirtschaftsschule.

 

Die sind ja alle zusammengezogen worden nach Öhringen von den umliegenden Ortschaften.

Und dann in Bretzfeld war wieder einmal-der Lehrer, der uns da unterrichtet hat für den

einen Tag in der Woche, der war jeden Tag woanders. Nur im Altkreis Öhringen, einmal in

Bretzfeld, einmal in Kupferzell, einmal in Ohrnberg -in den größeren Orten, da sind immer

alle die zusammengezogen worden. Das war ein Lehrer für die ganzen jungen Bauern im

Bezirk.

 

VORSITZ

 

Früher hat man Vorsitz gesagt: Abends nach dem Abendessen ist man zu Nachbars 'rüber,

dann haben die einen Kaffee gemacht und einen Gugelhupf, die alte Tante hat Geschichten

erzählt von früher ...

 

Und nachher sind die wieder mal da 'rüber gekommen und so. Die Älteren sind nicht immer

mit -aber wenn wir so 'runter sind, da sind sie auch dabei gewesen. Da ist auch mal gesungen

worden. Das war schon ein bißchen mehr für die Jüngeren. Das ist nicht regelmäßig gewesen.

Das haben sie schon gewußt, wenn man noch was vorgehabt hat, im Wald gewesen ist oder so

-da hat man gewußt, ich will heute nix wissen.

 

VEREINE

 

Der Gesangverein und der Sportverein, die haben immer im Wechsel früher Weihnachtsfeiern

gemacht. Ist meistens nach Weihnachten gewesen, Anfang Januar oder so. Mit Verlosung und

Tombola und Gelump -da ist ein Theaterstückle gezeigt worden ... Heute noch! Die haben da

immer wettgeeifert.

 

FRÜHER

 

Früher war es trotzdem geruhsamer wie heute. Heute ist überall Hektik. Früher, wenn man

noch mit dem Vieh hinausgefahren ist auf den Acker und es ist einem einer begegnet, da hat

man mal eine Weile geschwätzt und ein wenig unterhalten. Mein Gaul bleibt da heute noch

stehen. Wenn ich in den Weinberg 'rauf fahre und sag zu einem "Guten Morgen", dann steht

er.

 


 

 

Quellennachweis.

Buch:
Marski, Ulrike und Albrecht Bedal:
So war's im Winter. Erinnerungen an die kalte Jahreszeit auf dem Land im schwäbisch-fränkischen Raum.
Verein Hohenloher Freilandmuseum, 1995. 278 S. 4°, OKart. ISBN: 3927374156 (EAN: 9783927374157 / 978-3927374157)

Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung im Hohenloher Freilandmuseum Schwäbisch Hall - Wackershofen Dezember 1994 bis Juni 1995.
Mit zahlreichen Abbildungen. Kataloge und Begleitbücher des Hohenloher Freilandmuseums,