Verrenberg HistorischVerrenberger Kelterordnung von 1856





Verrenberger Kelterordnung von 1856


 

Originaltext

Herbst- und Kelter-Ordnung

1.

Aufsicht auf die Leser p.p.
Jeder Weinberge Besitzer ist für allen Schaden verantwortlich, der durch ihn selbste, oder seine Lese, Buttenträger, Tretter p.p. den benachbarten Weinbergen zugefügt wird.

2.

Hinwegnehmen des Herbstgeschirrs
Bei Strafe darf Niemand den anderen ohne dessen Vorwissen ein Geschirr hinwegnehmen und für sich gebrauchen.

3.

Das Lesen betreffend
a. Bei Strafe darf Niemand vor der ertheilten obrigkeitlichen Erlaubniß und außer der ihm angewiesenen Ordnung lesen. Niemand, sowohl Vorleser als andere dürfen mit dem Lesen den Anfang machen, sie haben denn dem Kelterschreiber derjenigen Kelter, worin sie zu Keltern haben, die Anzeige gemacht und von diesem die Erlaubniß dazu erhalten.
Bei allen denjenigen, welche keine Vorlese genießen, entscheidet das Loos, in welcher Ordnung sie zu lesen haben und es werden jeden Tag in der Kelter die Nummern angeschrieben werden, welche zu lesen haben.
Jeder Weinbergbesiter, er mag wenig oder viele Weinberge innehaben, muß seine Lese in vier Tagen beendigen, er hat sich daher, wenn er durch seine eigene Familie und Dienstboten dieß nicht erreichen kann, die weiteren Gehülfen zu diengen.

b. Eine Vorlese haben nur die Keltern Officienten, Wittwen und Weisen und alle im öffentlichen Aemtern stehende Personen anzusprechen.
Wer sein Recht zur Vorlese an einen anderen verkauft, oder vertauscht, wird gleich dem anderen, der die Vorlese von ihm erkauft oder eingetauscht hat, mit Strafe belegt.
Wer auf seine Vorlese Verzicht thut, kann ein Loos lesen, wenn er will, muß aber zuvor die Erlaubniß vom Kelterschreiber hiezu haben.

c. Wer Trauben in die Kelter bringt, darf solche nicht früher in die Kufe ausleeren, als bis sie von dem Kelterschreiber besichtigt sind.

d. Ohne die äußerste Noth soll kein Most in den Weinbergen stehen gelaßen, in einem auf Verlangen jedesmal zu verweisenden solchen Nothfall aber, die Zuber bei jeder Witterung wohl zugedeckt werden.

e. Vor der Morgen und nach der Abend Glocke dürfen weder Most, noch Trauben aus den Weinbergen zu stupfeln oder Laub zu streichen, ist bei Strafe verboten.

4.

Die Keltern betreffend

a. Das Keltern außer den ordentlichen Keltern und das Hinwegtragen ganzer oder gepreßter Trauben wird mit Strafe belegt.

b. Kinder, Müßig Gängern und anderen Personen, welche Nichts in den Keltern zu thun haben, ist der Aufenthalt in solchen nicht zu gestatten.

c. Vor der Morgen und nach der Abend Glocke darf nichts in die Kelter und Nichts aus solchen hinweggebracht werden.

d. Die Ordnung, in welcher gekeltert wird, richtet sich nach der Zeit des Lesens und der bei dem KelterMeister vor der Beendigung des Lesens durch den Weinberg Besitzer gemachten Anzeige, der über die lezteren ein Register zu führen und an der sogenannten Deich-Tafel jeden Tag anzuschreiben hat, an wem die Reihe zum Keltern ist.
In der Regel muß immer am vierten Tag vom Anfang des Lesens an gekeltert werden, so daß die Trauben nicht länger als einen Tag in der Kufe sich befinden.

e. Most in den Eichen in den Keltern stehen zu laßen, die Eichen oder anderes Keltern Geschirr von einer Kelter in die andere zu tragen, ist bei Strafe verboten.

f. Den Keltern u. Officianten haben Niemand zu gestatten, die Vierlinge nach ihrem Gefallen zu spannen oder schnell ablaufen zu laßen.

g. Wer die Keltern u. Officianten und Bediensteten mit Worten oder mit der Thext beleidigt oder sie in ihren Verrichtungen stört, hat Strafe zu gewarten.

5.

Alle falsche und Winkel-Käufe sind bei Strafe verboten, sondern sowie ein Kauf geschloßen ist, ist darum dem Kelterschreiber redliche Anzeige zu machen.

6.


Indem der Gemeinderath vorstehende Bestimmungen zur Ordnung für das Herbst-Kelterwesen festsezt wird von demselben noch weier folgendes einstimmig beschlossen:
a. Jeder Weinberg Besizer welcher drei Säcker machen zu können glaubt, hat das Recht den ersten Säcker gleich nach den Vorlesern zu machen u. kommt nur mit den andern zwei ins Los.

b. Die gesetzlichen Bestimmungen der … Ordnung soweit sie noch Gültigkeit haben sind hiedurch selbstverständlich nicht aufgehoben.

Zur Beurk.
Den 16. Oct. 1856

 

Quellennachweis.

Ortsarchiv Verrenberg: A 170 Weinbau, Herbst und Kelterordnung 1856